San Francisco
Erkenntnisse langjähriger Beobachtungen. Impact auf die Ärmsten. Offenbarung der Defizite unserer kapitalistischen Gesellschaft.
Es ist vieles anders als es scheint. Und ich wünschte, ich wäre in der Lage auszublenden, was doch allzu offensichtlich mit voller Wucht in mein Blickfeld fällt. Meine Tage hier in San Francisco sind geprägt von Erinnerungen und Schock, Bestätigung und Traurigkeit.
Erinnerungen, weil ich schon seit über zwanzig Jahren in diese spannende Stadt komme und wohl in keiner Metropole öfters war als hier. Sie bot (bietet?) so viel und doch erlebe ich in diesen Tagen einen ziemlichen Verfall. Das ist der Schock, den ich auch schon im letzten November erfahren habe, als ich nach wenigen Jahren der Abwesenheit zum ersten Mal wieder hierher gereist bin. Natürlich hatten/haben wir diese Seuche, die bekanntermaßen Etliches bewirkt hat, was sich niemand von uns wünschte. Dennoch behaupte ich, dass die Massen an Obdachlosen, die wie ferngesteuerte Zombies durch die Innenstadt von San Francisco stolpern, um in eines der zahlreichen verdreckten Zelte, die sich auf den Bürgersteigen häufen, zu retten, nicht hätten sein müssen. Ich sehe hier das Ergebnis eines Totalversagens der Gesellschaft. Einige Male zuckte meine Hand, um ein paar Fotos zu schießen, doch das letzte bisschen Menschlichkeit dieser Menschen wollte ich ihnen nicht auch noch nehmen, indem ich sie ungefragt zur Schau stelle.
Ich sehe mich bestätigt in meiner Ansicht, dass wir einen falschen Weg genommen haben. Und ich erlebe noch immer, dass Profit und Gier einiger Weniger nach wie vor die Richtung bestimmen.
Wann werden wir erkennen und lernen, dass wir auf die falschen Pferde gesetzt haben? Wann kommt es denn, das ersehnte Umdenken??
O. E. Wendt
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